Am
selben Sonntag sollten die UkrainerInnen, KolumbianerInnen und
EUerInnen zur Wahl gehen. Am Anfang der darauf folgenden Woche waren
die ÄgypterInnen am Zug. Von Kiew bis nach Bogotá über Bukarest, Toulouse, Manchester, Rovaniemi, Kaunas, Wuppertal, Port-Saïd und Gizeh ist alles wie erwartet vor
sich gegangen. In Ägypten hat der Marschallissimus Sissi einen
vorgetäuschten/ vortäuschenden Wahlsieg davongetragen, dessen einziger
Zweck e war, seinem Staatstreich gegen einen gewählten Präsidenten eine
Scheinlegalität zu verleihen. In Kolumbien wo 60% der WählerInnen sich
nicht die Mühe gegeben haben, ihr Zettelchen in die Urne reinstecken zu
gehen ,wird man am 15. Juni erfahren, wer von beiden U(bu)ribes
Zöglingen , dessen Nachfolger Santos oder Zuluaga, auch „Z“ genannt,
siegen wird.
Nehmen wir aber vorerst die zwei spektakulärsten Sieger der
EU-Wahlen: die französische Blaue-Marine und den griechischen
Rosa-Alexis. Somit wird die Front National die „erste Wahlpartei in
Frankreich“ und Syriza die „erste Wahlpartei in Griechenland“. Zwar
profitierten diese beiden politischen Kräfte vom Trend der Abneigung,
welche die Desaster-Politik der EU-Bürokraten erzeugt hat, dafür haben
sie weit auseinandergehende politische Diskurse: einerseits der alte,
zum „white Power“ tendierende Nationalismus der marineblauen Seehündin,
mit einem neuen Look - postmoderner Neogaullismus, andererseits der
sozialistische Internationalismus, aber ohne Avantgardismus, Diktatur
des Proletariats und Klassenkampf - kurz, eine verjüngte Variante der
Sozialdemokratie, für welche der alte Karl Marx vom historischen
Standpunkt ab die beste Definition lieferte:
„Der eigentümliche Charakter der Sozial-Demokratie faßte sich dahin zusammen, daß demokratisch-republikanische Institutionen als Mittel verlangt werden, nicht um zwei Extreme, Kapital und Lohnarbeit, beide aufzuheben, sondern um ihren Gegensatz abzuschwächen und in Harmonie zu verwandeln.“ (in: Der achtzehnte Brumaire des Louis Napoleon, 1852)
Riber Hansson, Schweden, Mai 2012
Insgesamt hat ein gutes Drittel der EU-WählerInnen - 56,89% haben
sich der Stimme enthalten - durch ihr Stimmzettel klargemacht, dass sie
das in Brüssel, Luxemburg, Strassburg und Berlin fabrizierte Europa satt
hatten. Eine echte Alternative für dieses Europa wird sowieso nicht aus
den Urnen hervorgehen. Inzwischen wird die Europäische Union von der
Großen Koalition regiert werden- oder, wie es in einer italienischen
Zeitung stand, von der „Angela-Renzi-Regierung.“
Und nun zur Sache, die mich seit einiger Zeit kitzelt: die
Präsidentschaftswahl in der Heiligen Ukraine. Stellt Euch vor: am Vortag
der Wahlen wurde in der Sophienkathedrale von Kiew eine Messe gesungen,
welcher die gesamte aus dem Putsch von Februar hervorgegangene
Regierung beigewohnt hat. Sonntag früh haben sich Angie, François und
Wladimir ein kleines Telefongespräch zu dritt geführt, worauf sie ihr
„Interesse an einem ruhigen und friedlichen Präsidentschaftswahlvorgang
in der Ukraine“ verkündet haben sowie die Notwendigkeit einer
Intensivierung der Gespräche, in welche die VertreterInnen von Russland,
der EU und der Ukraine zur Schlichtung der Probleme mit Bezug auf den
Energiesektor involviert sind.
Kurz zusammengefasst handelt es sich dabei um Folgendes: die
Ukraine schuldet Russland ungefähr 3,5 Milliarden Dollar - den Betrag
der nicht beglichenen Rechnung für die Lieferung russischen Erdgases.
Die Russen haben das Warten satt und drohen mit der Schließung des
Gashahns, falls Kiew nicht bezahlt. Tun sie das, werden die Ukrainer
höchst wahrscheinlich das russische Gas abzapfen, das über ihr
Territorium in Richtung Europa fließt. mit anderen Worten werden die
FinnländerInnen, SchwedInnen, Deutschen, UngarInnen, ÖsterreichInnen und
noch viele andere nächsten Winter höchst wahrscheinlich verdammt
frieren, wenn die Frage nicht bald gelöst ist. Noch ein Grund, den
„passenden Mann“ auf den Kiewer Thron zu setzen.
Zweck der ukrainischen Präsidentschaftswahl war erstrangig, den
Putsch von Februar gegen den gewählten Präsidenten Janukowitsch zu
heiligen, indem „das Kapitel legal abgeschlossen wurde“ mit dem Segen der Achse des Guten WBBPLW (Warschau-Berlin-Brüssel-Paris-London-Washington). Da
siesehr gut einsehen, dass das provisorische Kiewer Regime eine
illegale Prägung aufweist, hatten es die Onkel und Tanten im Westen sehr
eilig, die Fassade mit den hübschen Farben der Wahldemokratie neu
anzustreichen Und damit die Sache beim Kreml besser runtergehen kann,
musste „der passende Mann an die passende Stelle gesetzt werden.“ Im
März und April wurde ein Konsens ausgearbeitet: die nervenkranke
Killerin Julia oder der doofe Boxer Klitschko durften in keinem Fall
Präsident werden. Letzterem wurde ein Trostpreis zugedacht: er kann
Bürgermeister von Kiew werden. Nicht schlimmer als Schwarzie als
Gouverneur von Kalifornien. Die diensthabenden Faschisten Jarosch und
Tjagnibok waren selbstverständlich ausgeschlossen: entschieden nicht zu
verantworten; Jatseniuk? Ein wenig farblos und vor allem als Jude
erblich vorbelastet. Dass die Ukrainer einen Juden zum Präsidenten
wählen, kann man sich nur mit Mühe vorstellen. Bliebt folglich nur
Einer: Poroschenko. Und er hat haushoch besiegt, die 17 anderen
Kandidaten waren ihm entschieden nicht gewachsen. Denn der
Schokoladenkönig besaß alles, was allen recht werden konnte, oder fast
allen, jedenfalls denen, die weltweit Gewicht haben. Und als sein Sieg
verkündet wurde, gaben sich alle zufrieden, vom Wikinger Rasmussen bis
zum Wlad dem Menschenfresser, der im Kreml sitzt.
Poroschenko ist nicht so sehr ein Oligarch als ein Plutokrat, so
wie Letzterer im Wörterbuch definiert wird: „Ein Mensch, den sein
Reichtum mächtig und politisch einflussreich macht.“ 2004 hat er ja
selber erklärt, dass „ein Oligarch nicht jemand ist, der viel Geld hat,
sondern jemand, der seine Beziehungen mit PolitikerInnen benutzt, um die
Konkurrenz aus dem Weg zu schaffen.“ Und tatsächlich verhält sich Don
Petro vielmehr umgekehrt: als „ jemand, der seine finanzielle
Schlagkraft benutzt, um politische Konkurrenten aus dem Weg zu
schaffen.“